
Musikinstrument und Zahnspange – geht das zusammen?
21. März 2025Trompeter, Flötisten, Violinisten, aber auch Sänger haben ganz besondere Anforderungen, wenn es um eine gesunde Zahn- und Kieferstellung geht. Aber beeinträchtigt eine Zahnspange bei ihnen nicht die Ausübung des Musikerberufs? Nicht unbedingt. Eine individuell angepasste kieferorthopädische Behandlung kann auch ihren speziellen Bedürfnissen gerecht werden. Aber auch wenn ein Instrument nur aus Spaß am Musizieren mit der Familie oder für die Schülerband erlernt wird, das Musizieren beginnt mit einem langen Lern- und Übungsprozess während der Schulzeit in der Musikschule, zu Hause oder im Orchester. In dieser Zeit ist meist auch das Thema Zahnspange aktuell.
Musizieren ist ein tolles Hobby: Es macht Spaß, baut Stress ab, fördert Kreativität, Emotionen und Intelligenz.
Der richtige Ansatz ist wichtig
Wer ein Instrument mit Leidenschaft spielt, bildet mit diesem eine harmonische Einheit. Um beispielweise ein Blasinstrument spielen zu können, sind komplexe neuromuskuläre Abläufe gefragt. Es muss ein sogenannter Ansatz gebildet werden, bei dem Lippen, Zunge und Zähne an das Mundstück angelegt werden. Dieser Ansatz steuert in Verbindung mit dem Gaumen und den Atemmuskeln dann die Erzeugung des gewünschten Tons. Die Ansatztechnik ist für jedes Holzblasinstrument oder Blechblasinstrument unterschiedlich. Eine Zahnspange kann daher Auswirkungen auf den Ansatz und die Intonation haben.
Bei manchen Bläsern ist die Zahn- und Gesichtsanatomie so beschaffen, dass sie die Bildung eines solchen Ansatzes begünstigt oder erleichtert. Andere wiederum bringen von Natur aus keine idealen Voraussetzungen für die Bildung eines korrekten Ansatzes mit – z. B. einen offenen Biss im Frontzahnbereich. Die Folge sind ausgleichende Bewegungen des Unterkiefers oder auch der Kopf- und Nackenmuskulatur, welche über die Zeit dann zu Störungen im Mund-Gesichtsbereich oder in der Körperhaltung führen können. Kurzum: Orofaziale – also Mund und Gesicht betreffende – Probleme können Musiker beeinträchtigen. Egal, ob sie nun ein Blasinstrument (z. B. Klarinette oder Posaune) oder ein Streichinstrument (z. B. Geige oder Bratsche) spielen oder gar Sänger sind.
Check-up beim Kieferorthopäden für Musiker wichtig
Orofaziale Probleme bzw. Funktionsstörungen im Mund-Gesichtsbereich können bei Musikern verschiedene Ursachen haben. Wie bereits erwähnt, sind sie entweder naturgegeben oder können durch das Musizieren entstehen, etwa durch das Spielen eines Blas- oder Streichinstruments. Liegt bereits eine Fehlstellung von Zähnen und Kiefern vor, kann diese durch das Musizieren unter Umständen noch verschlimmert werden. Dabei spielen verschiedene Faktoren eine Rolle: beispielsweise die Position von Zähnen und Kiefern oder die Spielzeit.
Ein tägliches Üben von 90 Minuten oder weniger, wie es oft von Amateurmusikern praktiziert wird, ruft in der Regel keine deutlichen Veränderungen an Zähnen oder Skelett hervor. Bei Berufsmusikern jedoch, die ihr Blasinstrument mehr als drei Stunden pro Tag spielen, kann das ganz anders aussehen. Auch die Art des Mundstücks oder die Kräfte, die Zunge und Gesichtsmuskeln während des Spielens ausüben, können zu einem Ungleichgewicht von Zahn- und Skelettstrukturen beitragen.

Übrigens kann sich das Spielen eines Instruments unter Umständen auch positiv auf Mund und Gesicht auswirken! Beispielsweise kann sie die Korrektur vorliegender Fehlstellungen – etwa der Frontzähne – unterstützen. Egal ob jung oder alt, Amateur- oder Berufsmusiker: In jedem Fall sollte man einen Fachzahnarzt für Kieferorthopädie zur Abklärung und Überwachung etwaiger Fehlentwicklungen und Störungen im Mund-Gesichtsbereich hinzuziehen.

Festsitzende oder herausnehmbare Zahnspange?
Selbstverständlich können Blasinstrumente auch mit einer festen Zahnspange gespielt werden. Es bedarf hierbei vor allem in der Anfangsphase der Behandlung einer gewissen Übung, Geduld oder des ein oder anderen Tricks. So können störende Stellen der Apparatur beispielsweise mit Wachs abgedeckt werden. Zum Schutz der Lippen können auch spezielle Schienen aus Kunststoff über den Brackets zum Einsatz kommen.
Eine Besonderheit stellt der Zeitpunkt des Bogenwechsels bei einer festen Zahnspange dar. Die Bogenstärke wird im Verlauf permanent erhöht, um die gewünschte Zahnposition zu erreichen. Mit dem Kieferorthopäden sollte individuell besprochen werden, ob der geplante Bogenwechsel mit Konzertterminen oder Prüfungsterminen kollidiert. Nach dem Bogenwechsel können die Zähne vorübergehend empfindlich sein, was zu Problemen beim Ansatz bei Holzblasinstrumenten oder Blechblasinstrumenten führen kann. Je nach Instrument kann auch das Einsaugen der Lippe und Weichgewebe an den Brackets unangenehm sein. Hat sich der Patient nach einer oft nur einige Tage oder Wochen dauernden Umstellungsphase an die Apparatur gewöhnt, stellt das Spielen des Instruments mit festsitzender Zahnspange meist kein Problem mehr dar.
Herausnehmbare Zahnschienen als Alternative
Eine Alternative zu festen Zahnspangen sind herausnehmbare Zahnschienen zur Korrektur der Zahn- und Kieferfehlstellungen, die für jede Altersgruppe angewendet werden können. Auch während des Zahnwechsels ist eine Zahnkorrektur mit sogenannten Alignern möglich. Durch die modernen digitalen Scanverfahren (Intraoralscanner) können die Veränderungen im Wechselgebiss schnell erfasst und die Schienen angepasst werden. Aligner sind für Teenager und Erwachsene generell eine geeignete Alternative zur festen Zahnspange.
Da die Aligner für eine optimale Wirkungsweise ganztags getragen werden sollten, können sie auch beim Üben im Mund behalten werden. Bei einer Aligner-Behandlung kommen zur Optimierung der Zahnbewegung Attachments zum Einsatz: auf den Zahn aufgeklebte biomechanische Haltepunkte. Ob auf den Frontzähnen platzierte Attachments einen Einfluss auf den Ansatz bei Blasinstrumenten haben, muss mit dem Kieferorthopäden vorab besprochen werden. Auch hier sollte die Ansatztechnik nach einer Eingewöhnungsphase nicht mehr beeinträchtigt sein.


Oft ist bei Musikern auch das interdisziplinäre Teamwork sinnvoll: Bei Bedarf sollte sich der Kieferorthopäde z. B. mit dem Logopäden abstimmen. Und auch das aktive Miteinbeziehen des Musiklehrers kann von Vorteil sein – damit Sie weder bei der (Zahn-)Gesundheit noch bei Ihrer musikalischen Karriere Abstriche machen müssen. Gerade bei Instrumenten, die den Körper sehr einseitig belasten, sind Ausgleichsübungen wichtig. Um Asymmetrien vorzubeugen kann eine begleitende physiotherapeutische oder osteopathische Behandlung durchaus sinnvoll sein.
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